Sober curiosity: Feiern, ohne sich ins Delirium zu katapultieren

Sober curiosity. „Waaas? Warum trinkst du keinen Alkohol? Ach, komm schon! Ein Glas haben wir immer noch getrunken!“ – Wer schon einmal nüchtern auf einer Party oder im Club war, hat sich solchen und ähnlichen Aussagen bestimmt das ein oder andere Mal stellen müssen. Doch weißt du eigentlich, was Alkohol mit deinem Körper macht?

Alkohol ist in unserer Gesellschaft tief verankert und wird als vollkommen selbstverständlich und oft auch als Grundbasis eines sozialen Miteinanders betrachtet. Schon beim ersten Schluck im Mund wird das gesellschaftliche Genussmittel über die Schleimhaut von unserem Körper aufgenommen. Etwa weitere 20 Prozent resorbieren wir dann über den Magen und den Rest über den Dünndarm. Sobald der Alkohol vom Körper aufgenommen wurde, wandert er direkt weiter in unser Blut und wird im gesamten Körper, einschließlich unseres Gehirns, verteilt. Eine der ausschlaggebendsten Eigenschaften von Alkohol besteht darin, dass er die Fähigkeit besitzt, unsere schützende Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, und dadurch sämtliche Vorgänge im Gehirn beeinflusst. Du kannst sozusagen nicht mehr klar denken, und in Folge sinkt automatisch deine Hemmschwelle. Unser Gehirn schüttet Botenstoffe aus, welche für die euphorische, sich im Moment äußerst gut anfühlende Stimmung verantwortlich sind. Parallel dazu werden andere körpereigene Botenstoffe blockiert, da deren Andockstellen vom Alkohol abgeschirmt werden. Bei regelmäßigem Alkoholkonsum werden unsere Nervenzellen nach und nach unsensibler und die wichtigen körpereigenen Botenstoffe können ihre Wirkung nicht mehr in der gleichen Weise entfalten wie davor. Der komplette Hormonhaushalt unseres Körpers gerät aus dem Gleichgewicht und kann nur schwer bzw. nur sehr langsam wieder in Balance gebracht werden.

Humorloser Außenseiter oder Vorbildfunktion?

Alkohol lässt also unsere Hemmschwelle sinken, wodurch wir uns mehr trauen, da automatisch weniger über eine Aktion oder das Gesagte, das Preisgegebene nachgedacht wird. Im Moment ist das natürlich oft ganz witzig – doch ist dies wirklich von Vorteil? Nein. Klar, man sollte Spaß haben, sein Leben in vollen Zügen leben und jede Situation genießen. Doch ist nicht die goldene Regel, sich selbst treu zu bleiben? Du solltest jegliche Aussagen, Aktionen und Erfahrungen nüchtern genauso meinen, wollen und dahinterstehen wie unter Alkoholeinfluss. Viel mutiger ist es hingegen, genau zu wissen, was du willst, standhaft zu sein und dich nicht überreden oder mitreißen zu lassen – dir selbst treu zu bleiben. Denn nur du musst am nächsten Tag deine möglicherweise unüberlegten und nicht zu Ende gedachten Aktionen und Kommunikationen ausbaden. Nicht derjenige, der dich am Abend zuvor dazu überredet hat, weit über den Genuss hinaus zu trinken.

Unter dem Hashtoag #sobercurious finden sich bei Tiktok sind es 8,2 Millionen Beiträge. Es ist mit Sicherheit ein Trend der Generation Z.

Freundschaft nur unter Alkoholeinfluss oder auch nüchtern?

Je weniger Alkohol du trinkst, umso eher schwinden manche Sozialkontakte aus deinem Umfeld. Doch wieso ist das so? Alkohol nimmt bei vielen Zusammenkünften mit deinen Freunden und Bekannten mehr Raum ein, als uns eigentlich bewusst ist. Man könnte überspitzt sogar sagen, dass Alkohol immer wieder der „Klebstoff“ ist, welcher manche Freundschaften zusammenhält. Man findet als Nüchterner alkoholisierte Menschen in seinem Umfeld automatisch weniger attraktiv, der Humor differenziert sich plötzlich stark und es fällt oftmals schwer, nüchtern über die Witze, Aussagen und Aktionen eines Betrunkenen zu lachen – zack, automatisch ist man die Spaßbremse, und der Kontakt wird weniger. Eine Freundschaft sollte allerdings nicht nur auf „krass lustigen“ Erlebnissen unter Alkoholkonsum basieren. Viel eher sollten Erfahrungen ausschlaggebend sein, welche man nüchtern zusammen erlebt. Überdenke also einmal in einer ruhigen Stunde alle deine sozialen Kontakte und auch deine engsten Freundschaften, ob ihr wirklich Gemeinsamkeiten habt, euch auch nüchtern äußerst gut versteht und Spaß haben könnt und euch respektiert, schätzt und liebt, so wie ihr seid. Egal, ob Alkohol konsumiert wird oder nicht.

Den wenigsten ist es bewusst, doch regelmäßiger Alkoholkonsum in jungen Jahren ist sehr oft der Einstieg in eine spätere Abhängigkeit. Des Weiteren gewöhnt man sich und seinen Körper so an das euphorische und ungehemmte Gefühl, dass man ohne den Einfluss von Alkohol nicht mehr richtig Spaß haben kann und somit das alltägliche Leben auch nicht mehr zu genießen weiß.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: