Dr. Medicus Historicus: Frieselfieber

Die Coronapandemie ist für die meisten Menschen die erste Pandemie, die sie selbst ­hautnah miterleben, doch es ist nicht die erste der Weltgeschichte. Pandemien und weit verbreitete Krankheiten, an denen Millionen von Menschen erkrankten und auch sehr viele verstarben, tauchten in den letzten Jahrhunderten regelmäßig auf. Durch den medizinischen Fortschritt wie Impfungen, die Entwicklung von Antibiotika und vieles mehr konnte den meisten dieser Erkrankungen der Schrecken genommen werden. Einige sind komplett von der Bildfläche verschwunden, andere kommen nur noch in weit geringerem Ausmaß vor und lassen sich heutzutage gut behandeln. Im Jahr 2022 möchten wir Ihnen in jeder Ausgabe eine Erkrankung vorstellen, die in den letzten Jahrhunderten zahlreiche Menschenleben forderte und die Medizinerinnen und Mediziner vor gewaltige Herausforderungen stellte. Unser fiktiver Mediziner Dr. Medicus Historicus nimmt Sie mit auf eine Reise in die Vergangenheit und beleuchtet wichtige Ereignisse der Medizingeschichte.

Frieselfieber

Der Wiener Kongress, Konferenz zur Organisierung Europas nach Napoleons Niederlage. Frieselfieber
Bis kurz vor dem Tode arbeitet das Genie noch an seinem Requiem.

Obwohl es sich dabei mittlerweile nicht einmal mehr um eine anerkannte Krankheit handelt, hat es das Frieselfieber dennoch in unsere diesjährige Serie geschafft und wurde von Dr. Medicus Historicus beleuchtet. Der Grund dafür ist niemand Geringerer als Wolfgang Amadeus Mozart, der – zumindest laut den Ärzten der damaligen Zeit – ein Opfer dieser Erkrankung wurde.

Wir schreiben das Jahr 1791, genauer gesagt: Anfang Dezember 1791. Die Musikwelt ist in Aufruhr, denn einer ihrer bekanntesten Sprösslinge ringt mit dem Tod. Die Rede ist von Wolfgang Amadeus Mozart, der schon seit einiger Zeit an hohem Fieber und starken Erschöpfungszuständen leidet. Zudem überzieht ein Ausschlag seinen gesamten Körper. An eine Vollendung des Requiems, an dem Salzburgs Genius Loci seit geraumer Zeit arbeitet, ist nicht zu denken. Dennoch ist die Hoffnung groß, dem größten Musikgenie seiner Zeit wieder frische Energie einzuhauchen. Die Ärzte setzen alles daran, das Wohlbefinden ihres Patienten wiederherzustellen. Nachdem die zur damaligen Zeit üblichen Heilungsversuche wie Umschläge und Aderlässe aber einfach keine Besserung bringen, schwindet die Hoffnung. Sollte Wolfgang Amadeus Mozart tatsächlich noch vor seinem 36. Geburtstag das Zeitliche segnen?

Das Frieselfieber zeigte sich durch eine erhöhte Temperatur und Hautausschläge. Im 19. Jahrhundert gab es regelrechte Pandemien, die auch vor der oberen Gesellschaft nicht Halt machte. Heute kennt man das Frieselfieber nicht mehr.

Todesursache: „Hitziges Frieselfieber“

Arzt macht bei einem Patienten den Aderlass. Frieselfieber
Zur damaligen Zeit galt der Aderlass als eine Heilungsmethode bei allerlei Beschwerden. Auch Mozart versuchte man damit zu heilen.

Doktor Thomas Franz Clossets Versuche, das Leben des Genies zu verlängern, blieben unbelohnt. Somit ging der 5. Dezember 1791 als einer der dunkelsten Tage in die Musikgeschichte ein: Wolfgang Amadeus Mozart starb in seiner Wiener Wohnung im 1. Wiener Gemeindebezirk in Anwesenheit seiner Frau Constanze, seiner Schwägerin und seines Arztes. Als Todesursache wurde das Frieselfieber genannt, genauer gesagt: „Hitziges Frieselfieber“. Eine Krankheit, die bis heute viele Fragen aufwirft.

Eine rätselhafte Erkrankung

Mozart war zur damaligen Zeit bei Weitem nicht der Einzige, der am Frieselfieber verstarb. In diversen Aufzeichnungen ist sogar von regelrechten Pandemien im 17. und 18. Jahrhundert zu lesen. Als klassische Symptome der Erkrankung galten Fieber und Hautausschläge. Warum es allerdings zu diesen Symptomen kam, ist bis heute ein Rätsel. Im Falle von Mozart spekulierten einige über eine mögliche Vergiftung. Versuchte der Körper möglicherweise, über die Bläschen einen Überschuss an Säure oder Gift loszuwerden? Eine Antwort können wir nicht liefern.

Platz für Spekualtionen

Grab von Mozart in Wien, Österreich. St. Marxer Friedhof
Wolfgang Amadeus Mozart liegt am St. Marxer Friedhof begraben.

Ein Grund, warum das Frieselfieber so mysteriös bleibt, ist der Umstand, dass es mit Ende des 19. Jahrhunderts plötzlich auf keinem Totenschein mehr auftaucht – als wäre die Krankheit aus den Annalen der Medizingeschichte verschwunden. Heutige Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass die Bezeichnung „Hitziges Frieselfieber“ als Sammelsurium für verschiedene Krankheiten herhalten musste. Schließlich tauchen die beiden Hauptsymptome Hautausschlag und Fieber bei zahlreichen Infektionskrankheiten auf, unter anderem bei den Röteln, dem Scharlach oder dem Pfeifferschen Drüsenfieber. Was die tatsächliche Todesursache des größten musikalischen Genies der Nation war, wird somit wohl für immer ein Rätsel bleiben. Genauso wie das Frieselfieber.

Dr. Medicus Historicus bedankt sich bei allen Leserinnen und Lesern für das große Interesse und wünscht geruhsame Weihnachten!

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