Dr. Medicus Historicus: Tuberkulose

Nachdem er im Jahr 2022 den großen Pandemien der Menschheitsgeschichte auf den Grund gegangen ist, wirft der hochgeschätzte Dr. Medicus Historicus dieses Jahr ein Auge auf die häufigsten Todesursachen vergangener Tage. Dieses Mal behandeln wir den Keuchhusten.

Tuberkulose (Schwindsucht)

Malerei von Napoleon II. Tod von Napoleon. Er starb an Tuberkulose in Wien
Ein berühmter Tuberkulose-Todesfall in Wien war Napoleon II.

Das Mycobacterium tuberculosis, der Erreger der Tuberkulose, ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Forscher/-innen fanden Belege dafür in den Skelettüberresten prähistorischer Menschen und in Mumien des antiken Ägyptens. Besonders heftig wütete die Tuberkulose im Europa des 18. und 19. Jahrhunderts.

Wir schreiben das Jahr 1792. Ludwig van Beethoven verlässt seine Heimatstadt Bonn und macht sich auf den Weg nach Wien, um kurz nach dem Tod Mozarts einen Platz in der Musikmetropole zu ergattern. Doch leider war Wien zu dieser Zeit nicht nur für die Reihe an Musikgenies bekannt, sondern auch wegen einer Krankheit, die in der Kaiserstadt massiv wütete. Die Tuberkulose war ab der Mitte des 18. Jahrhunderts wegen ihres geradezu endemischen Auftretens in Wien sogar als „Morbus Viennensis“ („Wiener Krankheit“) bezeichnet worden.

Der Herzog Napoleon II. hatte bereits früh mit Lungenproblemen zu kämpfen und erkrankte schließlich an Tuberkulose. Im Alter von nur 21 Jahren starb Napoleon Franz Bonaparte am 22. Juli 1832 im Schloss Schönbrunn.

Die Tuberkulose wütete nicht nur in Wien

3D Illustration des Mycobacterium tuberculosis Bakterium. Tuberkulose
Die Erreger der Tuberkulose sind aerobe, unbewegliche, langsam wachsende, stäbchenförmige Bakterien der Familie Mycobacteriaceae.

Warum es gerade in Wien so viele Tuberkulosefälle gab, wird sich wohl niemals mit Sicherheit klären lassen. Fest steht, dass Tuberkulose eine weltweit verbreitete Infektionskrankheit war und leider immer noch ist. Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung ist mit Tuberkulosebakterien infiziert, die Krankheit bricht jedoch glücklicherweise lediglich bei 5 bis 10 Prozent davon aus. Die Mycobakterien werden von Personen mit ansteckender Tuberkulose durch kleinste Tröpfchen beim Husten, Sprechen oder Niesen übertragen. Eine Ansteckung erfolgt dabei allerdings nicht ganz so leicht wie bei anderen Infektionskrankheiten (z. B. Masern, Corona­virus). Eine Besonderheit ist die lange Inkubationszeit mit durchschnittlich 6–8 Wochen. Zudem kann der Erreger jahrelang unbemerkt im Körper schlummern, bevor die Krankheit dann eines Tages doch noch ausbricht.

Früher wurde Tuberkulose auch als „Schwindsucht“ bezeichnet, da sie im fortgeschrittenen Stadium zu starkem Gewichts­verlust führt.

Tuberkulose erkennt man durch verschiedene Methoden

Röntgenbild. Aufnahme eines Brustkorbs und der Lunge. Lungenröntgen. Arzt sieht sich Röntgenbild an. Tuberkulose
Röntgenbilder sind ein wichtiger Bestandteil zur Feststellung von Tuberkulose.

Der Standardtest war bis vor einigen Jahren der Tuberkulin-Hauttest (THT) nach Mendel-Mantoux; dabei wurde eine kleine Menge Eiweiß des Erregers (Tuberkulin) in die Haut an der Innenseite des Unterarms gespritzt. Mittlerweile werden allerdings hauptsächlich andere Methoden zur Feststellung von Tuberkulose herangezogen. Eine mikroskopische Untersuchung des Schleimauswurfs und/oder der Interferon-Gamma-Test (ein Bluttest) gehören zur Diagnostik von Tuberkulose. Ein wichtiges Hilfsmittel zur Diagnose einer Lungentuberkulose ist ebenso das Röntgen: Im Röntgenbild lassen sich allfällige Veränderungen der Lunge erkennen und somit eine vorhandene Tuberkulose feststellen.

Tuberkulose wird mit speziellen Antibiotika behandelt, welche gezielt auf die krankheitserregenden Bakterien einwirken. Die medikamentöse Standardbehandlung dauert sechs Monate. Sehr wichtig ist die richtige Kombination der verschiedenen Medikamente in ausreichender Dosierung über die gesamte Behandlungsdauer hinweg.

Verlauf der Krankheit und Behandlung

Die Tuberkulose betrifft in der Mehrzahl der Fälle die Lunge, kann aber auch andere Organe befallen. Typische Symptome sind Husten, oft verbunden mit Auswurf, ständige Müdigkeit, Fieber und Gewichtsabnahme. Tuberkulose ist mit speziellen Antibiotika, die über mehrere Monate konsequent eingenommen werden müssen, in Kombination mit weiteren Medikamenten meist gut behandelbar. Ohne Behandlung ist der Verlauf der langsam fortschreitenden Krankheit oft tödlich. In Österreich halten sich aktuell die Tuberkulosefälle in Grenzen. Im Jahr 2021 wurden 396 Tuberkulosefälle erfasst, was einen leichten Anstieg im Vergleich zum Jahr davor (388) bedeutete. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkranken jedes Jahr weiterhin etwa 10 Millionen Menschen weltweit an einer Tuberkulose, etwa 1,5 Millionen von ihnen sterben daran. Ob Beethoven neben seinen vielen anderen Leiden auch an Tuberkulose erkrankte, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Glücklicherweise ist Wien heute weiterhin das Zentrum der klassischen Musik und nicht mehr die ungewollte Hochburg einer heimtückischen Krankheit.

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