Dr. Medicus Historicus: Die Russische Grippe

Nachdem er im Jahr 2022 den großen Pandemien der Menschheitsgeschichte auf den Grund gegangen ist, wirft der hochgeschätzte Dr. Medicus Historicus dieses Jahr ein Auge auf die häufigsten Todesursachen vergangener Tage. Dieses Mal behandeln wir die Syphilis.

Die Russische Grippe (Die erste Coronapandemie?)

Im Jahr 1889 verbreitete sich eine Infektion der Atemwege innerhalb kürzester Zeit über die ganze Welt. Sie hatte ihren Ursprung vermutlich in der Hauptstadt des Zarenreiches und erhielt daher den Namen „Russische Grippe“. Die Krankheitsbilder ähnelten stark der weltweiten Pandemie durch SARS-CoV-2 (COVID-19).

Ein russischer Metzger im Jahr 1853. Die Russische Grippe
Es gibt Hinweise, dass die „Russische Grippe“ von dem Humanen Corona­virus OC43 ausgelöst wurde.

Wir schreiben das Jahr 1889. Iwan, ein passionierter Metzger in der siebten Generation, und Anna leben mit ihren neun Kindern in bescheidenen Verhältnissen am Stadtrand von Moskau. Gezeichnet von der harten Arbeit, kommt Iwan an diesem kühlen Septemberabend vom Schlachthof nach Hause. Er ist von Ochsenblut blutüberströmt, doch es ist nicht nur die Arbeit, die ihm heute die Kraft raubt. Schweißausbrüche, Husten und Fieber deuten darauf hin, dass ein Virus den groß gewachsenen Iwan befallen hat. Ohne das Abendbrot anzurühren, begibt er sich ins Bett, wo ihn ein gnadenloser Schüttel­frost immer wieder aus unruhigen Träumen reißt.

Von Russland in die ganze Welt

Lange Zeit hat man geglaubt, dass Influenzaviren für den damaligen rasanten Ausbruch der Erkrankung verantwortlich waren, allerdings deutet nun vieles daraufhin, dass es Corona­viren waren. Innerhalb weniger Monate gelangte das Virus von Moskau bis in die Tiefen Sibiriens, nach New York, Sydney, Tokio und Wien. Trotz der damals beschränkten und vor allem viel langsameren Reisemöglichkeiten verbreitete sich das Virus rasend schnell. Und es machte vor niemandem Halt. Die deutsche Kaiserin Augusta, der spanische König, die britische Königin Victoria und der britische Premierminister sollen an der Russischen Grippe erkrankt sein. Am Ende starben schätzungsweise eine Million Menschen.

Der Ursprung wird in Russland vermutet. Insgesamt wanderte die Seuche zwischen 1889 und 1895 in drei Wellen um die Welt und tötete schätzungsweise eine Million Menschen. In Russland selbst sprach man vom „Chinesischen Schnupfen“.

Über Rind und Schwein zum Menschen?

Neuere Untersuchungen legen nahe, dass das Virus um 1889 von Rindern und/oder Schweinen auf den Menschen übergesprungen ist. Zu dieser Zeit waren Rinderseuchen weit verbreitet. Sowohl beim Rind als auch beim Menschen griffen die Viren vor allem die Lunge an. Neben den klassischen Krankheitssymptomen wie Fieber, Kopfschmerzen und Husten wurde auch über einen vermehrten Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns berichtet. Kinder waren seltener von schweren Krankheitsverläufen betroffen, Männer häufiger als Frauen. Tote gab es vor allem unter den Alten. Und alle damaligen Berichte erwähnen die hohe Rate von Menschen, die noch lange nach der akuten Infektion gesundheitliche Probleme hatten. Erkennen Sie die Ähnlichkeit zu SARS-CoV-2 (COVID-19)?

Die Medizin steckte noch in den Kinderschuhen

Da man damals von der Existenz von Viren noch keine Ahnung hatte, waren die Behandlungsmethoden sehr experimentell. Neben den typischen Hausmitteln aus Kräutern, Wurzeln und Co. behandelten die Ärzte ihre Patienten mit Substanzen wie Quecksilberchlorid, Strychnin oder Tannin. Die englischen Gesundheitsbehörden empfahlen Bettruhe, Wärme, Branntwein, Chinin und Opium. Inwieweit diese Behandlungen tatsächlich erfolgreich waren, lässt sich heute nur noch schwer beantworten. Wahrscheinlich führte erst die zunehmende Immunität der Bevölkerung zum Abklingen der Pandemie, die glücklicherweise auch Iwan nach langem und zähem Kampf überlebte.

Landkarte, die das Aufkommen der russichen Grippe zwischen 1889 und 1890 zeigt. Die Russische Grippe
Die Russische Grippe erfasste das ganze Land. Eine ernsthafte medizinische Gegenmaßnahme gab es nicht; vielmehr wurden die Symptome bekämpft.

Nach zwei Jahren und 20 Geschichten verabschiedet sich unser Dr. Medicus Historicus in den wohlverdienten Ruhestand. Doch eines ist gewiss: Auch im Jahr 2024 warten in der APOVITAL wieder spannende Geschichten auf Sie. VALE!

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