Dr. Medicus Historicus: Tetanus

Die Coronapandemie ist für die meisten Menschen die erste Pandemie, die sie selbst ­hautnah miterleben, doch es ist nicht die erste der Weltgeschichte. Pandemien und weit verbreitete Krankheiten, an denen Millionen von Menschen erkrankten und auch sehr viele verstarben, tauchten in den letzten Jahrhunderten regelmäßig auf. Durch den medizinischen Fortschritt wie Impfungen, die Entwicklung von Antibiotika und vieles mehr konnte den meisten dieser Erkrankungen der Schrecken genommen werden. Einige sind komplett von der Bildfläche verschwunden, andere kommen nur noch in weit geringerem Ausmaß vor und lassen sich heutzutage gut behandeln. Im Jahr 2022 möchten wir Ihnen in jeder Ausgabe eine Erkrankung vorstellen, die in den letzten Jahrhunderten zahlreiche Menschenleben forderte und die Medizinerinnen und Mediziner vor gewaltige Herausforderungen stellte. Unser fiktiver Mediziner Dr. Medicus Historicus nimmt Sie mit auf eine Reise in die Vergangenheit und beleuchtet wichtige Ereignisse der Medizingeschichte.

Tetanus (Wundstarrkrampf)

3D Illustration von Clostridium tetani Bakterien, die Tetanus verursachen. Wundinfektion. Tetanus. Medicus Historicus
Tetanus wird durch Clostridium tetani verursacht, ein obligat anaerobes, bewegliches, grampositives, sporenbildendes Stäbchenbakterium.

Tetanus (Wundstarrkrampf) ist eine weltweit verbreitete Erkrankung, die durch das Gift des Bakteriums Clostridium tetani hervorgerufen wird. Entfliehen können wir diesem mikroskopisch kleinen Bakterium nicht, aber vor Tetanus kann man sich schützen – mit einer Schutzimpfung.

Wir schreiben das Jahr 2022. Rund 1 Million Menschen weltweit werden sich auch dieses Jahr mit dem Tetanus-Bakterium infizieren. In Österreich traten in den vergangenen fünf Jahren zwischen 5 und 10 Krankheitsfälle jährlich auf, einige davon endeten tödlich. Dieser Krankheitserreger fühlt sich überall dort wohl, wo er sauerstofffreie Bedingungen vorfindet, so u. a. im Erdreich, in Gehölzen oder im Kot von Tieren. Über Verletzungen an der Haut wie kleine Schnitte oder Kratzer, aber auch über Operationswunden oder durch Piercings kann das Bakterium in unseren Organismus eindringen. Gelangt der Erreger in den menschlichen Blutkreislauf, setzt er Giftstoffe frei. Etwa 4 bis 14 Tage nach der Ansteckung gibt es erste Anzeichen wie Schwitzen, Schluckstörungen oder Muskelkrämpfe. Lähmungen der Atemmuskulatur sind dabei eine besondere Gefahr und können zu einem raschen Tod führen.

Bis ins 19. Jahrhundert war Tetanus oftmals ein Todesurteil

Rostiger Nagel schaut aus Holzpfahl hervor. Tetanus
Sporen des Bakteriums kommen auf der ganzen Welt vor. Für eine Erkrankung reicht oft schon wenig Schmutz in einer kleinen Wunde.

Lange Zeit rätselte man über die vielen schweren Muskelkrämpfe und Todesfälle, die einige Tage bis Wochen nach kleineren Verletzungen auftauchten. Dieses Phänomen beschrieb bereits im Altertum der griechische Arzt Hippokrates von Kos als sogenannte „Tetanus-Triade“ (Wunde – Kieferkrampf – Tod). Der Nachweis des Erregers gelang im Jahre 1884 dem damaligen Medizinstudenten Arthur Nicolaier. Diese Forschungsergebnisse leiteten eine Zeitenwende ein. Auf Basis von Nicolaiers Entdeckung konnte in den folgenden Jahrzehnten ein wirksamer Impfstoff entwickelt werden. Anfang des 20. Jahrhunderts kam es zu den ersten Massenimpfungen bei Soldaten, die Millionen vor dem Tod durch eine Tetanusinfektion bewahrten.

Die Behandlung ist auch heute noch herausfordernd

Bereits bei den milden Formen erreicht die Sterblichkeit nahezu 10 Prozent und steigt bei schweren Formen auf über 50 Prozent an. Erkrankt man an Wundstarrkrampf, muss man schnellstmöglich intensivmedizinisch betreut werden. Die Erkrankten erhalten unter anderem Abwehrstoffe gegen Tetanus, die aus dem Blut geimpfter Personen gewonnen werden. Antibiotika und weitere Medikamente werden ebenso zur Linderung der Beschwerden eingesetzt. Bei günstiger Prognose ist die Erkrankung nach wenigen Monaten wieder geheilt, man baut allerdings keine dauerhafte Immunität auf. Die einzige wirklich effektive Behandlung liegt in der Vorsorge.

Eine Impfung ist der beste Schutz

Gelber Impfpass mit Impung. Tetanus Impfung. Nachweis.
Seit dem 20. Jahrhundert gibt es ein wirksames Mittel gegen Tetanus – die Impfung. Heute gehört sie zum Gratis-Kinderimpfprogramm in Österreich.

Eine vollständige Impfung schützt sehr gut vor einer Erkrankung. Wenn der Impfstatus unbekannt ist, muss im Falle einer Verletzung möglichst früh eine passive und aktive Immunisierung erfolgen. Glücklicherweise ist in Österreich und auch in weiten Teilen der Welt ein sehr großer Teil der Bevölkerung gegen Tetanus geimpft. Die Grundimmunisierung erfolgt in Österreich bereits im Säuglingsalter; zwischen dem 7. und 9. Lebensjahr folgt eine Auffrischungsimpfung, danach sollte die Impfung alle 10 Jahre, ab dem 60. Lebensjahr alle 5 Jahre einmalig wiederholt werden. Die Tetanusimpfung gilt als eine der erfolgreichsten Impfungen der Menschheitsgeschichte und hat im Laufe der Zeit viele Millionen Menschenleben gerettet. Ein Wermutstropfen bleibt allerdings, denn verschwinden wird das Bakterium wohl nie. Daher ist auch in Zukunft ein Impfschutz die einzige Möglichkeit, um sich vor dieser heimtückischen Krankheit zu schützen.

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