Dr. Medicus Historicus: Lepra

Die Coronapandemie ist für die meisten Menschen die erste Pandemie, die sie selbst ­hautnah miterleben, doch es ist nicht die erste der Weltgeschichte. Pandemien und weit verbreitete Krankheiten, an denen Millionen von Menschen erkrankten und auch sehr viele verstarben, tauchten in den letzten Jahrhunderten regelmäßig auf. Durch den medizinischen Fortschritt wie Impfungen, die Entwicklung von Antibiotika und vieles mehr konnte den meisten dieser Erkrankungen der Schrecken genommen werden. Einige sind komplett von der Bildfläche verschwunden, andere kommen nur noch in weit geringerem Ausmaß vor und lassen sich heutzutage gut behandeln. Im Jahr 2022 möchten wir Ihnen in jeder Ausgabe eine Erkrankung vorstellen, die in den letzten Jahrhunderten zahlreiche Menschenleben forderte und die Medizinerinnen und Mediziner vor gewaltige Herausforderungen stellte. Unser fiktiver Mediziner Dr. Medicus Historicus nimmt Sie mit auf eine Reise in die Vergangenheit und beleuchtet wichtige Ereignisse der Medizingeschichte.

Lepra (die Hansen-Krankheit)

Bild einer Warnklapperin, Lepraklapperin, Lazarusklapperin. Lepra
Die Warnklapper, auch „Lazarusklapper“ oder „Lepraklapper“ genannt, ist ein hölzernes Schlaginstrument, mit dem Erkrankte die Gesunden davor warnten, sich ihnen zu nähern.

Ausschläge im Gesicht und deformierte Glieder kennzeichneten die Betroffenen schon von der Ferne. Sie wurden als „Aussätzige“ bezeichnet und teilweise in Kolonien fernab der Zivilisation verbannt. Die Rede ist von an Lepra Erkrankten. Heute weiß man, dass die Krankheit weit weniger ansteckend ist, als man einstmals gedacht hatte. Dennoch verloren Millionen ihr Leben durch diese schreckliche Plage, die bis heute nicht ausgerottet ist.

Wir schreiben das Jahr 1873. Das Rätsel um die Hansen-Krankheit, wie sie von nun an genannt wird, scheint gelöst. Dem Norweger Dr. Gerhard Henrik Armauer Hansen gelingt es, den Ursprung der Krankheit zu lüften. Er entdeckt nach langer Forschungsarbeit das Bakterium Mycobacterium leprae, welches Lepra auslöst. Zu diesem Zeitpunkt war die Hansen-Krankheit schon Jahrtausende zugegen und hatte für viel Leid gesorgt. Bereits in der Bibel und in Aufzeichnungen vor Christi Geburt wird von Leprakranken berichtet. Sie ist somit eine der ältesten bekannten Krankheiten der Menschheitsgeschichte. Lepra galt lange Zeit als hochansteckend, darum wurden Leprakranke gebrandmarkt. Sie mussten die Lepra-Klapper, ein Kennzeichen und Warninstrument, tragen, damit man stets vor ihnen gewarnt war. Im Laufe der Zeit wurden anstelle der Warnklappern auch Glöckchen verwendet und sogar eigene „Leprasiedlungen“ errichtet, oftmals auf bis dahin unbewohnten Inseln.

 

Lepra zeigt sich durch typische Hautveränderungen und ist noch nicht ausgerottet

Das Bakterium Mycobacterium leprae zerstört das Gewebe, was häufig zu Verstümmelungen führt. Betroffen sind vor allem die Haut, Hände, Füße und das Gesicht. Auffällig sind zudem die Lepraflecken, die sich über den ganzen Körper verbreiten. Bis heute konnte Lepra nicht ausgerottet werden. Zwar gibt es in Europa nur vereinzelte Fälle, weltweit werden dennoch Jahr für Jahr in etwa 200 000 Lepraerkrankungen diagnostiziert. Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher liegen. Besonders tückisch an Lepra ist, dass von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit Monate, oftmals sogar mehrere Jahre vergehen können.

Zeichnung einer Weltkarte/Landkarte mit Leprafällen. Lepra
Leprafälle gab es im 18 Jahrhundert praktisch auf der ganzen Welt. Was man damals noch nicht wusste, war der Umstand, dass Lepra zwar ansteckend ist, der Erreger im Regelfall allerdings erst bei längerem Kontakt von Mensch zu Mensch übertragen wird.

Wie wird Lepra geheilt?

Insel mit Lazerus-Häusern für Leprakranke. Leprasiedelungen. Lazarus-Krankheit. Lepra
Im Mittelalter wurde Lepra auch als „Lazarus-Krankheit“ bezeichnet. Zur Isolierung der Erkrankten wurden außerhalb von Städten die sogenannten „Lazarus-Häuser“ gebaut. Vorstädte wie Saint Lazare in Frankreich und San Lazzaro in Italien waren solche „Leprasiedlungen“. Zudem wurden auch auf Inseln Leprasiedlungen errichtet.

Während man früher die Leprakranken verbannte und sie damit mehr oder weniger ihrem Schicksal überließ, gibt es mittlerweile gute Behandlungsmöglichkeiten. Bei rechtzeitiger Diagnose der Krankheit stehen die Heilungschancen sehr gut. Einen Wendepunkt in der Behandlung der Hansen-Krankheit stellen die 40er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts dar. Mit der Erfindung von Antibiotika, die das Bakterium zwar nicht töten, aber bei frühzeitiger Behandlung die Krankheit oftmals zum Abheilen bringen, konnte man den Erkrankten endlich helfen. Heute setzen die Ärztinnen und Ärzte im Regelfall auf eine Kombinationstherapie mit mehreren Arzneimitteln; bereits entstandene Schäden lassen sich damit allerdings nicht rückgängig machen. Daher ist die rechtzeitige Diagnose eines der wichtigsten Instrumente, um Lepra endgültig zu besiegen.

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