Dr. Medicus Historicus: Keuchhusten

Nachdem er im Jahr 2022 den großen Pandemien der Menschheitsgeschichte auf den Grund gegangen ist, wirft der hochgeschätzte Dr. Medicus Historicus dieses Jahr ein Auge auf die häufigsten Todesursachen vergangener Tage. Dieses Mal behandeln wir den Keuchhusten.

Keuchhusten (Pertussis)

Färbiges Porträt des Arztes Thomas Sydenham (1624-1689). Keuchhusten
Der englische Arzt Thomas Sydenham beschäftigte sich bereits im 17. Jahrhundert mit dem Keuchhusten.

Als Keuchhusten oder Pertussis wird eine akute Infektion der Atemwege durch das Bakterium Bordetella pertussis bezeichnet. Benannt wurde der Erreger nach seinem Entdecker Jules Bordet (1870–1961), einem belgischen Bakteriologen.

Wir schreiben das Jahr 1943. Der kleine Rudolf hat erst vor wenigen Wochen das Licht der Welt erblickt, und schon sieht er dem Tod ins Auge. Wer Rudi, wie ihn seine Mutter liebevoll nennt, angesteckt hat, wird wohl nie geklärt werden. Fest steht, dass der erstgeborene Sohn des Bürgermeisters einer kleinen oberösterreichischen Gemeinde an Keuchhusten erkrankt ist. Der Gemeindearzt tut sein Bestes, aber in den Kriegswirren fehlt es an Medikamenten und vielem mehr.
Keuchhusten ist eine Krankheit, die vor allem für Säuglinge und Kleinkinder lebensbedrohlich sein kann. Die ersten Beschreibungen des Keuchhustens stammen bereits aus dem 16. Jahrhundert. Ein Jahrhundert später beschäftigte sich unter anderem der berühmte englische Arzt Thomas Sydenham (1624–1689) mit dem Keuchhusten. Zum eigenständigen Krankheitsbild wurde Pertussis jedoch erst im Zusammenhang mit den großen Epidemien des 18. Jahrhunderts. Im Jahr 1906 gelang es dem belgischen Bakteriologen Jules Jean Baptiste Vincent Bordet zusammen mit seinem Kollegen Octave Gengou (1875–1957), den später nach ihm benannten Erreger des Keuchhustens zu isolieren.

Im Jahr 2012 gab es eine schlimme Keuchhusten-Epidemie in Großbritannien.

Ansteckung und Symptome

3D Illustration der Bordetella pertussis Bakterien in den menschlichen Atemwegen. Keuchhusten
Komplikationen treten vorrangig bei Säuglingen und Kleinkindern auf. Etwa ein Prozent aller erkrankten Kinder unter sechs Monaten stirbt an dieser Krankheit.

Die Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt in der Regel durch Tröpfcheninfektion. Während des Sprechens, beim Niesen oder Husten gelangen die Erreger von einem Menschen zum anderen, wobei die Inkubationszeit etwa 10 Tage beträgt. Die Krankheit beginnt oft mit grippeähnlichen Symptomen, später treten quälende Hustenanfälle auf. Diese verstärken sich vor allem nachts und können bis zum Erbrechen führen. Ein „normaler“ Verlauf kann durchaus 6 Wochen dauern. Insbesondere Säuglinge und Kleinkinder sind gefährdet, einen schweren Krankheitsverlauf zu erleiden. Mögliche Komplikationen sind unter anderem Lungenüberblähung, eitrige Bronchitis, Lungenentzündung, Krampfanfälle und vieles mehr. Zudem besteht die Gefahr von Atemstillständen während der Hustenanfälle, die in weiterer Folge zu Sauerstoffmangel und Schädigungen des Gehirns führen können. Die Situation kann lebensbedrohlich sein oder bleibende gesundheitliche Beeinträchtigungen, wie z. B. Lähmungen, Hör- und Sehschäden etc., hinterlassen. Vorsicht: Bei Säuglingen treten anstelle der typischen Hustenanfälle häufig „klägliche Pfeifgeräusche“ sowie lebensbedrohliche Anfälle von Atemnot auf. Diese erfordern eine sofortige ärztliche Behandlung!

Erreger ist das Bakterium Bordetella pertussis. Da Keuchhusten bei Jugendlichen und Erwachsenen mild verlaufen kann, wird er in vielen Fällen nicht erkannt. Dieser Umstand trägt dazu bei, dass sich die Krankheit unbemerkt ausbreiten kann.

Wie wird Keuchhusten behandelt?

Bei Keuchhusten kommen normalerweise Antibiotika zur Anwendung. Diese Behandlung mit Antibiotika ist dann am wirksamsten, wenn sie bereits vor dem Auftreten von Symptomen oder innerhalb der ersten zwei Wochen nach dem Einsetzen der Symptome erfolgt. Säuglinge und ungeimpfte Kinder benötigen besondere Aufmerksamkeit und müssen oft stationär behandelt werden. Zur Vorbeugung wird die in Österreich kostenlose Impfung gegen Keuchhusten empfohlen, die erstmals 1933 eingeführt wurde. Diese Impfung bietet zwar einen guten, aber keinen (!) vollständigen Schutz vor dieser tückischen und höchst ansteckenden Krankheit. Weder eine bereits durchgemachte Erkrankung noch eine Impfung führen also zu einer lebenslangen Immunität. Dass diese Infektionskrankheit auch im Jahr 2023 nicht zu unterschätzen ist, zeigen die Millionen von Erkrankten und Hunderttausende Tote pro Jahr. Mehr Glück hatte der kleine Rudi, der nach monatelangem Kampf gegen die Krankheit dem Tod von der Schippe sprang und Jahrzehnte später seinem Vater als Bürgermeister seiner oberösterreichischen Heimat­gemeinde nachfolgte.

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