Dr. Medicus Historicus: Cocoliztli

Nachdem er im Jahr 2022 den großen Pandemien der Menschheitsgeschichte auf den Grund gegangen ist, wirft der hochgeschätzte Dr. Medicus Historicus dieses Jahr ein Auge auf die häufigsten Todesursachen vergangener Tage. Eine dieser Krankheiten, die auch heute noch manchmal auftaucht, ist Cocoliztli.

Cocoliztli (Aztekenpest)

spanische Eroberer auf schwarz weißem Bild. Azteken. Cocoliztli
Die spanischen Eroberer brachten verschiedene Seuchenkrankheiten auf den amerikanischen Kontinent: als Erstes die Pocken, später auch andere Seuchen wie die Masern oder die Grippe.

Die Azteken sind ein mittelamerikanischer Indianerstamm, der zwischen dem 14. und dem 16. Jahrhundert weite Teile des heutigen Mexikos mit teils sehr ruppigen Methoden beherrschte. Ihren Feinden gegenüber waren sie nicht zimperlich, doch zimperlich war auch nicht eine Krankheit, die vor etwa 500 Jahren Millionen von Menschen der indigenen Bevölkerung heimsuchte. Ihr Name: Cocoliztli, besser bekannt als „Aztekenpest“.

Wir schreiben das Jahr 1548. Seefahrer, die vermutlich aus Spanien gekommen waren, brachten an Bord nicht nur einen unbändigen Eroberungsdurst mit, sondern auch eine Seuche. Die zur damaligen Zeit dort ansässige Urbevölkerung war dieser Plage schutzlos ausgeliefert, denn über die entsprechenden Widerstandskräfte gegen das Bakterium, das erst viele Jahre später erforscht werden sollte, verfügte sie nicht. Das Immunsystem der Menschen war mit den völlig fremdartigen Keimen schlichtweg überfordert. Der Begriff „Cocoliztli“ kommt aus dem Aztekischen (Náhuatl) und bedeutet „Krankheit“. Es war eine der tödlichsten Epidemien der Menschheitsgeschichte, durch die geschätzte 15 Millionen Ureinwohner in Mexiko und Guatemala einen qualvollen Tod starben.

Die Religion als letzte Hoffnung?

Viele Menschen suchten in ihrer Verzweiflung ihr Heil in der Religion und hofften, mit Opfergaben ihre Gottheiten besänftigen zu können – allerdings ohne Erfolg. Aus den Fängen der Aztekenpest gab es kein Entkommen. Egal, wohin es die Azteken hinzog, die Krankheit blieb ein ständiger Begleiter. Das Tückische daran war, dass auch Personen ohne deutliche Anzeichen für die Krankheit andere anstecken konnten. Tauchten die Symptome wie Fieber schlussendlich auf, war es schon zu spät. Geschwächt und vom Fieber schweißgebadet waren sie dem Tode geweiht. Heute wäre die typhusähnliche Erkrankung mit Antibiotika heilbar, damals dauerte der aussichtslose Kampf gegen den Tod gerade einmal wenige Tage. Nach einigen Jahren der Qualen und zahllosen Toten verlor die Krankheit jedoch an Schrecken. Vermutlich gewöhnten sich die Überlebenden der Krankheit an die Keime und waren somit besser geschützt.

Cocoliztli verbreitete sich nicht über die ganze Welt, sondern beschränkte sich auf einige Regionen in Lateinamerika. Die Sterblichkeitsrate war extrem hoch.

Das Mysterium scheint gelöst

Das Bakterium Salmonella Bacteria, ein Typhus-Erreger in vergrößerter 3D-Ansicht.
Noch heute sind Typhus- und die schwächeren Paratyphuserkrankungen gefährliche Infektionskrankheiten, die längst nicht eingedämmt sind. Jedes Jahr erkranken daran laut Weltgesundheitsorganisation mehr als 30 Millionen Menschen weltweit.

Erst vor wenigen Jahren entdeckten Forscher/innen die genaue Ursache von Cocoliztli. Die Wissenschaftler/innen untersuchten dabei die sterblichen Überreste von Opfern der Aztekenpest und verglichen die DNA mit Datenbanken aller bekannten Krankheitserreger. Dabei konnte in mehreren Skelettfunden das Erbgut eines mit dem Typhus-Erreger verwandten Salmonellen-Bakteriums identifiziert werden – ein Bakterium, das enterisches Fieber beziehungsweise Typhus verursacht. Es wird fäkal-oral übertragen, also beispielsweise durch verunreinigte Nahrungsmittel oder verschmutztes Wasser. Die Folgen sind hohes Fieber, Dehydrierung und schwere Magen-Darm-Infektionen. Auch heute ist die Gefahr noch nicht gebannt. Jedes Jahr erkranken daran etwa 30 Millionen Menschen weltweit; die Zahl der jährlichen Todesopfer schätzt die WHO auf 200 000.

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