Vier Geschwister, eines mit Down-­Syndrom – Ein Bund fürs Leben | Ein Kommentar

Das Band der Verbundenheit zwischen Geschwistern ist unbeschreiblich und untrennbar. Kommt bei einer solch tiefen Verbundenheit noch eine Besonderheit wie Down-Syndrom hinzu, passt kein Blatt Papier mehr dazwischen.

Doch was versteht man eigentlich unter dem Down-Syndrom?

Down-Syndrom, auch Trisomie 21 genannt, ist eine unveränderbare genetische Besonderheit. Das 21. Chromosom ist drei- statt zweimal vorhanden. Somit haben Menschen mit Down-Syndrom 47 anstatt 46 Chromosomen. Diese Besonderheit entsteht während der Zellteilung der Ei- oder Samenzellen und ist weder vererbbar noch beeinflussbar.

Unsere einzigartige Beziehung als Geschwister

Die Beziehung – verbal, aber vor allem auch nonverbal – zwischen meiner Schwester und mir ist ein unbeschreiblich inniges, emotionales, authentisches und respektvolles Miteinander. Jegliche Emotionen des anderen werden sofort spürbar und meist also nur durch Wahrnehmung, Mimik und Zuneigung kommuniziert. Es braucht dafür keine Worte, wir verstehen uns blind.
Als Kleinkind war es ab und an etwas unverständlich für mich, oftmals etwas mehr Rücksicht als gewohnt nehmen zu müssen. Mittlerweile, im Alter von 24 Jahren, verstehe ich dies natürlich und kann es auch nachvollziehen, nicht die gleiche Art von Unterstützung bekommen zu haben, da ich allein in der Lage war, all die Dinge zu bewältigen. Nun, im Alter von 21 Jahren, ist auch meine Schwester in der Lage, beinahe alle ihre Dinge des Alltags allein zu bewältigen. Es ist unbeschreiblich schön, ihre Fortschritte und Entwicklungsprozesse im Laufe der Jahre miterleben zu dürfen und sie vor allem dabei begleiten zu dürfen. Wir haben noch zwei Halbbrüder, welche gleichermaßen eine so unbeschreiblich innige und liebevolle Beziehung mit meiner Schwester und auch mit mir haben.
Schon sehr oft in unserem Leben kam es leider immer wieder zu Situationen, in denen wir unsere Schwester verteidigen und vertreten mussten. Ein sensibilisierter Umgang mit Menschen mit einer Besonderheit ist in unserer Gesellschaft, egal ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, leider nicht verankert, wobei es so wichtig wäre und eigentlich nicht wegzudenken ist.
Jeder Mensch wird neutral und unvoreingenommen geboren. Durch die Erziehung von Bezugspersonen sowie den dadurch erlernten Umgang und das Verhalten mit und gegenüber anderen werden unsere Einstellung, unsere Meinung und Offenheit sowie vor allem unser Verhalten beeinflusst und gesteuert. Der Mensch steht im Vordergrund und jeder sollte auf Augenhöhe behandelt, inkludiert, toleriert und akzeptiert werden. Keiner entscheidet sich für seine Besonderheit, seine Stärken, seine Fähigkeiten und sein Aussehen. Daher sollte auch jeder Mensch auf der Welt die Chance bekommen, so angenommen und aufgenommen zu werden, wie er/sie ist. Inklusion sollte nicht als Aufgabe, sondern als neue Chance gesehen werden. Viele neue Zugänge, Wahrnehmungen und Erfahrungen kristallisieren sich heraus, und man kann von anderen Menschen sowie deren Entwicklungsprozessen und Verhaltensweisen immer wieder etwas Neues lernen und vor allem auch davon profitieren.

Professionelle Unterstützung und Förderung

Die Unterstützungsmöglichkeiten, welche es für Kinder, Jugendliche und auch für Erwachsene mit einer Besonderheit gibt, sind äußerst empfehlenswert und ausschlaggebend für deren weiteren Entwicklungsprozesse. Meine Schwester bekam schon im Baby-/Kleinkindalter zahlreiche Möglichkeiten der Frühförderung wie Logopädie, Ergotherapie usw. geboten. Dadurch entwickelten sich viele ihrer Bereiche wie verbale und anfangs auch nonverbale Kommunikation durch Gebärden, ihre Muskelspannung des gesamten Körpers und auch ihr Gefühl im Umgang mit Körperkontakt und Zuneigung. Viele Menschen mit Down-Syndrom können ihre Gefühle nicht zurückhalten und daher auch ihre Kraft in manchen Momenten nicht richtig einschätzen und verwenden, egal ob bei Freude, Wut oder anderen Emotionen. Es ist daher besonders wichtig, so früh wie möglich die Wahrnehmung – vor allem die taktile Wahrnehmung – zu fördern, um einen liebevollen und zärtlichen Umgang trotz intensiver Emotionen erlernen und einschätzen zu können.

21. März: Welt-Down-Syndrom-Tag

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