Die Qual einer juckenden Haut
Juckreiz bei Neurodermitis. Denken Sie einen Moment an etwas, das bei Ihnen Juckreiz auslöst: Ist es die Wunde nach dem Stich einer Gelse? Der Kontakt mit bestimmten Pflanzen oder Tieren? Oder ist es ein Wollpullover, trockene Haut oder Juckpulver? Nun entspannen Sie sich – im Nu sollte der Juckreiz verschwunden sein. Bei Menschen mit Hautkrankheiten hingegen lässt sich der Juckreiz leider nicht so einfach verdrängen. Wer an Neurodermitis oder Schuppenflechte erkrankt ist, leidet Tage, Wochen, Monate oder gar Jahre unter den Qualen einer juckenden Haut. Wie man diese lindern kann, erfahren Sie in unserer Titelgeschichte.
Hautprobleme sind auf dem Vormarsch. Heute geht man davon aus, dass in Österreich bereits bis zu 20 Prozent der Kinder zumindest gelegentlich mit Hautproblemen zu kämpfen haben – in den 1960er-Jahren waren es nur etwa zwei bis drei Prozent. Über die Gründe für diesen rasanten Anstieg in den letzten Jahrzehnten wird in der Fachwelt heftig diskutiert. Sicher ist, dass es nicht nur eine einzige Ursache gibt; vielmehr handelt es sich um ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Dazu gehören ein „überhygienischer Lebensstil“, zu häufiges Waschen, psychischer Stress, genetische Veranlagung und Allergien. Besonders tragisch: 70 bis 85 Prozent der Betroffenen erkranken bereits vor ihrem fünften Geburtstag an Neurodermitis, während die Schuppenflechte eher später auftritt. Beide Hautkrankheiten sind zwar nicht ansteckend, aber ihre Folgen können nicht nur die Psyche der Betroffenen selbst, sondern ganze Familien belasten. Wer Kinder, Enkel, Nichten oder Neffen mit einer Hautkrankheit hat, weiß, wie sehr oft die ganze Familie darunter leidet. Hinzu kommt, dass eine gestörte Hautbarriere das Risiko für alle möglichen anderen Erkrankungen erhöht.
Neurodermitis tritt in Schüben auf
Zu einem akuten Schub kommt es, wenn das Immunsystem überempfindlich auf einen auslösenden Faktor (Stress, Allergie etc.) reagiert. Die Folge sind entzündliche Hautveränderungen (Ekzeme), die von starkem Juckreiz begleitet werden. Dabei wechseln sich beschwerdefreie Phasen mit Perioden mit starken Krankheitszeichen ab. Die Dauer der Beschwerden kann von wenigen Tagen bis zu mehreren Jahren reichen. Besonders häufig tritt Neurodermitis im Bereich der Augen, der Stirn, des Mundes, des Halses (Nacken), des oberen Brustbereichs, des Schultergürtels, der Ellenbeugen, der Kniekehlen, der Handgelenke und der Handrücken zutage. Davor betrachten wir jedoch den gefürchteten „Neurodermitis-Teufelskreis“.
Im Neurodermitis-Teufelskreis gefangen
Wenn man über Hauterkrankungen wie Neurodermitis spricht, hört man oft den Satz: „Man ist in einem Teufelskreis gefangen.“ Was es damit auf sich hat, möchten wir hier grafisch darstellen.
- Das Leiden beginnt: Während manche Betroffene über langsam zunehmende Beschwerden berichten, tritt der Schub bei anderen buchstäblich von einem Moment auf den anderen massiv auf.
- Die Haut entzündet sich: Das Immunsystem spürt die Eindringlinge auf und versucht, sie zu bekämpfen (Entzündung). Die Haut rötet sich und der Juckreiz nimmt zu. Zudem ist die Hautbarriere bereits stark geschädigt.
- Quälender Juckreiz: Innerhalb kürzester Zeit nach dem Eindringen von Schadstoffen entwickelt sich bei Neurodermitikern ein unglaublich quälender Juckreiz. Besonders für Kinder ist es fast unmöglich, die Finger von der entzündeten Stelle zu lassen.
- Kratzen bis zum Bluten: Wird auf den Juckreiz mit Kratzen reagiert, kommt es zu einer weiteren Schädigung der obersten Hautschicht. Schadstoffe, Viren, Schmutz etc. dringen in die Haut ein und verstärken die Entzündungsreaktion. Bis die offenen Wunden abgeheilt sind, bleibt das Risiko für den nächsten Neurodermitis-Schub sehr hoch.
- Ausbruch aus dem Teufelskreis: Alle Betroffenen wissen nur allzu gut, wie schwierig es ist, aus diesem Teufelskreis auszubrechen – schwierig, aber nicht unmöglich. Mit welchen Mitteln Sie die Probleme in den Griff bekommen, erfahren Sie auf der kommenden Seite.
TIPP: Bei Hautproblemen ist Kamille für viele das Mittel der Wahl, denn ihre Blüten wirken antibakteriell, juckreizstillend und hautberuhigend. Ein altes Hausmittel bei Hautproblemen ist, Watte in Kamillentee zu tränken und diese anschließend einige Minuten auf die gereizte Hautstelle zu legen. Die Wirkstoffe der Kamille sind auch in Salben aus der Apotheke enthalten.
Die 3 Säulen bei der Behandlung von Neurodermitis
1. Auslöser (Trigger) von Neurodermitis vermeiden
Leider kann Neurodermitis medizinisch nicht vollständig geheilt werden. Aber durch das Meiden der Auslöser können einige Neurodermitis-Schübe zumindest gemildert, wenn nicht sogar verhindert werden. Jeder Neurodermitiker reagiert dabei auf unterschiedliche Auslöser. Die häufigsten sind trockene Heizungsluft, nicht atmungsaktive Kleidung, das Tragen bestimmter
Textilien, die Verwendung hautreizender Kosmetika und Waschmittel, der Kontakt mit Allergieauslösern wie Hausstaubmilben, Tierhaaren, Schimmelpilzen und Pollen, der Verzehr bestimmter Nahrungsmittel, außerdem psychischer Stress, Infektionskrankheiten sowie hormonelle Veränderungen, z. B. durch die Menstruation oder während der Schwangerschaft.
2. Die richtige (Haut-)Pflege
Menschen mit Neurodermitis leiden unter einer gestörten Hautbarriere. Das führt zum Beispiel zu einem erhöhten Feuchtigkeitsverlust, weshalb Neurodermitiker zu trockener Haut neigen. Reichhaltige, speziell für Neurodermitiker entwickelte Feuchtigkeitscremes stärken die Hautbarriere; empfehlenswert sind hypoallergene, besonders milde und parfümfreie Produkte. Heiße Duschen und lange Bäder sollte man nach Möglichkeit vermeiden, da sie die Haut zusätzlich austrocknen. Nach dem Duschen die Haut sorgfältig abtrocknen. Tipp: Aufenthalte in speziellen Klimazonen wie am Toten Meer oder im Hochgebirge können Hautbeschwerden deutlich lindern. Das milde Klima und die salzhaltige Luft wirken oft heilend.
3. Salbe aus der Apotheke
Eine den Juckreiz stillende Salbe ist für Neurodermitiker unverzichtbar. Idealerweise greift man zur Salbe, bevor der Juckreiz zu stark wird und man in den besagten Teufelskreis gerät. Während der Einsatz von kortisonhaltigen Salben genau mit einem Arzt abgesprochen werden muss, gibt es in der Apotheke rezeptfreie Produkte mit Wirkstoffkombinationen, die den Juckreiz schonend lindern. Als besonders wirksam gegen Juckreiz hat sich in einer Studie (veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Dermatologie“) die Kombination von Bisabolol (Inhaltsstoff der Kamille) und Heparin erwiesen. Die Studie konnte signifikante entzündungshemmende und wundheilungsfördernde Effekte dieser Wirkstoffkombination nachweisen. Ergänzt wird die hochwertige Salbe durch feuchtigkeitsspendende und regenerationsfördernde Inhaltsstoffe wie Dexpanthenol. Die Kombination aus diesen drei Wirkstoffen kann zwar nicht jeden Neurodermitis-Schub verhindern, aber den quälenden Juckreiz erfolgreich lindern und das Wohlbefinden von Betroffenen deutlich verbessern.
Der irreführende Name „Neurodermitis“
Die Bezeichnung „Neurodermitis“ stammt aus dem Griechischen, wobei „neuron“ für Nerv, „derma“ für Haut und „-itis“ für einen entzündlichen Prozess steht. Dieser Begriff wurde geprägt, als man hinter der Erkrankung noch eine Nervenentzündung als Ursache für die Hautveränderungen vermutete. Heute weiß man zwar, dass diese Erklärung nicht richtig ist, dennoch hat sich der Terminus „Neurodermitis“ in der Umgangssprache durchgesetzt. Mediziner sprechen bevorzugt von „atopischer Dermatitis“ oder einem „atopischen Ekzem“.